Aus dem Herzen der Bestie

Antiimperialistische US-Linke organisiert Kampf gegen Blockade Kubas

Von Florentine Morales Sandoval

»Built the future, break the blockade!« An der inmitten einer schweren Ölkrise im sozialistischen Inselstaat Kuba von der International Peoples’ Assembly (IPA) organisierten »May Day Brigade« nahmen Repräsentanten antirassistischer, gewerkschaftlicher und kommunistischer Organisationen aus den gesamten USA teil, etwa aus der Black-Lives-Matter-Bewegung, der Party for Socialism and Liberation (PSL) oder dem Codepink-Friedensnetzwerk. Die Teilnahme von Aktivisten aus Hawaii und Puerto Rico sowie aus der koreanischen und chinesischen Diaspora dokumentiert den dezidiert antiimperialistischen Charakter der Brigade.

Kawenaʻulaokalā Kapahua von Academic Labor United, der Gewerkschaft arbeitender Studenten an der Universität von Hawaii, verwies auf den vergleichbaren Kontext der beiden Inselstaaten: »Wie Kuba vor der Revolution ist auch Hawaii vom Einfluss und Militarismus der USA geprägt, unsere Wirtschaft ist fast ausschließlich auf Tourismus und Produktion von Zucker ausgerichtet.« Vor allem im Widerstand gegen die starke Militarisierung sieht Kapahua vergleichbare Probleme wie in Korea und den Philippinen. 25 Prozent des hawaiianischen Territoriums seien von den USA mit mehr als 50.000 stationierten Truppen und dem Indopazifischen Kommando besetzt. Die Insel sei einer der meist militarisierten Orte der Welt. »Kuba zeigt uns mögliche Lösungen«, sagte Kapahua.

Zu dieser Erkenntnis zu gelangen ist im Angesicht der in den US-Medien omnipräsenten und geifernden antikubanischen Berichterstattung nicht leicht. Johana Tablada de la Torre, stellvertretende Generaldirektorin für die Vereinigten Staaten im kubanischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten (Minrex), betonte: »Die USA geben Millionen aus, um uns glauben zu machen, dass unsere schwierige ökonomische Situation auf Kubas Politik zurückzuführen ist und nicht etwa auf die Blockade.« Als Resultat einer aggressiven Politik, die Kuba lieber ausbluten lassen will, als dem Land auch nur ein Minimum an Souveränität zuzugestehen, befinde sich Kuba in einer ökonomischen Krise, die sich durch die Einordnung des Landes als vermeintlicher Terrorismusunterstützer noch verschärft habe. Der Anstieg der Kindersterblichkeit sei laut Tablada direkt auf diese letzte Maßnahme Trumps zurückzuführen.

Trotz der schwierigen Lage bleibt Kubas Gesundheitsversorgung kostenlos. Aus einem Land kommend, das seiner Bevölkerung keine Gesundheitsversorgung zu bieten hat, das einem das Recht auf ein Dach über dem Kopf verwehrt, das seine schwarze Bevölkerung erschießt und wegsperrt, lernten die Brigadisten eine erstaunlich andere Realität kennen. So führt der kleine, von der Blockade erdrückte Inselstaat die größte Wirtschaftsmacht USA wegen ihrer sozialen Lage vor. Rassistische Polizeigewalt? Kein Thema auf Kuba. Statt Verschuldung für das Studium Stipendien für Studierende aus aller Welt in der Lateinamerikanischen Schule für Medizin (ELAM). Statt Verdrängung und Zwangsräumung ist die Schaffung von Wohnraum gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer als Friedensaktivist in den USA als fünfte Kolonne Russlands oder Chinas beschuldigt wird und im Alltag die wachsende Gewalt gegen Asiaten erfährt, ist erstaunt, wenn die Kubaner ihn mit offenen Armen empfangen und zwischen der Politik der US-Regierung und seiner Bevölkerung unterscheiden.

Wer selbst den Repressalien gegen die LGBTQI-plus-Community ausgesetzt ist und erleben muss, wie Transmenschen systematisch ausgegrenzt werden, liest staunend das neue Familiengesetzbuch Kubas. Und wer dann noch nachfragt und erfährt, wie dieses Familiengesetz entstanden ist – ganz ohne Lobbyisten, unter aktiver Beteiligung der Bevölkerung –, der sieht das Land, das die USA zum Feind erklärt haben, mit anderen Augen. Und so zeigte Kuba der Delegation vor allem seine Widerstandskraft und seine fest verankerten demokratischen Strukturen.

Wegen Zerstörungen durch einen heftigen Tropensturm wurde die Maiparade um eine Woche verschoben. War die Enttäuschung zunächst groß, entpuppte sich das Ersatzprogramm als um so interessanter: Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel empfing die US-amerikanischen Delegationen, darunter das amerikanische Hands-Off-Cuba-Bündnis, das vom Generalsekretär der ersten Amazon-Gewerkschaft (ALU), Chris Smalls, angeführt wurde. Trotz Euphorie des Moments mahnte Díaz-Canel, Kuba nicht zu idealisieren – es sei kein Paradies, sondern befinde sich in kontinuierlicher Entwicklung, die von der gesamten Gesellschaft getragen wird.

Die jungen Teilnehmer kehrten mit einem gewachsenen Pflichtbewusstsein zurück in ihr Land, den Kampf gegen die Blockade im Herzen der Bestie zu verstärken und zugleich die gesellschaftliche Realität des revolutionären Kubas in den Klassenkämpfen Amerikas sichtbar zu machen.

Textquelle: Ausgabe vom 04.05.2023, Seite 3 / Schwerpunkt

Diese Website benutzt Cookies. Wenn Sie die Website weiter nutzen, gehen wir von Ihrem Einverständnis aus. Datenschutzerklärung