»Es hieß, man wolle Kuba keine Bühne geben«

Wegen Enthaltung der Inselrepublik bei UN-Abstimmung bekommt Dortmunder Verein Probleme. Ein Gespräch mit Friedhelm Böcker. Interview: Volker Hermsdorf

Sie sind Initiator und Kurator der Ausstellung »8.001 fotografische Essays aus Cuba«. Wegen des Abstimmungsverhaltens der sozialistischen Inselrepublik bei den Vereinten Nationen zum Ukraine-Krieg haben Sie nun ein Problem. Bevor Sie uns die Situation schildern: Was ist in Ihrer Ausstellung zu sehen?

Die dort gezeigten Bilder wurden von der Cuba-Hilfe Dortmund in Abstimmung mit den Fotografen Antonio Hernandez aus Havanna und Dietmar Sebastian Fischer aus Heidelberg als Wanderausstellung zusammengestellt. Zum Namen muss man wissen, dass die Entfernung zwischen Dortmund und Havanna 8.001 Kilometer beträgt. Bei den Fotos geht es um einfache Menschen in Kuba und deren Leben in Havanna. Den Künstlern war es wichtig, die porträtierten Personen in ihrer natürlichen Umgebung zu zeigen. Gefördert wird die Ausstellung von der Stadtsparkasse Dortmund.

Wo war die Ausstellung bisher zu sehen, und welche Resonanz hatte sie dort?

Start war im September 2021 in Anwesenheit der Botschaftsrätin der Republik Kuba, Yamari Pérez, in der Volksbank Dortmund-Schwerte. Die Resonanz bei den Besuchern war sehr gut. Im Anschluss gingen die Bilder in das Friedrich-Bährens-Gymnasium in Schwerte. Nächste Station war das Welthaus in Heidelberg. Oberbürgermeister Eckart Würzner eröffnete die Ausstellung, die in vier Wochen viele interessierte Besucher anzog.

In Dortmund hat der sozialdemokratische Oberbürgermeister die Schirmherrschaft übernommen. Mit welcher Begründung?

Oberbürgermeister Thomas Westphal führt damit die gute Tradition der Zusammenarbeit mit der Cuba-Hilfe Dortmund fort. Die Stadt war 1998 mit dem damaligen Oberbürgermeister Günter Samtlebe die erste in der BRD, die mit Oscar Martínez einen kubanischen Botschafter im Rathaus begrüßte, der sich dort ins Goldene Buch der Stadt eintrug. Völkerfreundschaft wird in Dortmund großgeschrieben, das zeigt auch die Städtepartnerschaft mit Rostow am Don.

Tidl - Rene oder Der andere Weg

Nun hat die BIG-Krankenversicherung untersagt, dass die Fotos wie vereinbart ab 22. Mai in ihrer Dortmunder Zentrale ausgestellt werden. Warum?

In der Galerie der BIG finden regelmäßig Ausstellungen durch Kunstvereine statt. Nachdem bereits alles terminiert war und die Fotoausstellung vom 22. Mai bis 19. Juni dort gezeigt werden sollte, haben wir zwei Stunden vor einem Treffen, bei dem letzte Details besprochen werden sollten, von der BIG überraschend eine Absage erhalten. Als einzige Begründung wurde uns mitgeteilt, dass der Vorstand Kuba wegen seiner Enthaltung bei der Abstimmung zum Krieg in der Ukraine in der UN-Vollversammlung keine Bühne zur Selbstdarstellung geben wolle. Seitdem schweigt die BIG sich zu dem Vorgang aus.

Haben Sie früher bereits ähnliche Erfahrungen gemacht?

Ja, wir haben schon negative Erfahrungen sammeln müssen. 2016 wurde ein Betrag von 15.000 Euro für eine Reise von Jugendlichen zu einer Begegnung mit Altersgenossen in Santa Clara wegen der US-Blockade nicht überwiesen. Zudem gab es einen Fall, bei dem der US-Zahlungsdienstleister Paypal das Geld für eine Überweisung an eine deutsche Firma zur Ersatzteilbeschaffung blockierte, weil in dem Überweisungsauftrag das Wort Cuba-Hilfe Dortmund enthalten war.

Gab es Proteste gegen die Absage der BIG?

Ein BIG-Versicherter hat dem Unternehmen mitgeteilt, dass er und seine Familie die Mitgliedschaft überdenken. Er fragte, warum ein kulturelles Ereignis, das in unserer Nachbarstadt Schwerte und in Heidelberg erfolgreich war, mit solch einer fadenscheinigen Begründung gestoppt wurde. Ein anderer kritisierte den Umstand, dass ein künstlerisches Werk mit einem fernen Krieg und einem darauf bezogenen Abstimmungsverhalten eines souveränen Landes in Verbindung gebracht wird.

Was wird nun aus der Ausstellung in Dortmund?

Der Oberbürgermeister bemüht sich derzeit um einen anderen Ausstellungsort. Darüber hinaus gehen wir mit der Ausstellung in andere Städte, zum Beispiel nach Düsseldorf, Berlin und Bonn.

Friedhelm Böcker ist Vorsitzender der Cuba-Hilfe Dortmund e. V.
Mehr zur Ausstellung unter: 8000undeins.de

Quelle: Tageszeitung junge Welt, 22.03.2022

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