Krieg in der Ukraine: Havanna unterstützt Gespräche zwischen Kiew und Moskau. Kritik an USA und NATO. Von Volker Hermsdorf
Kuba hat die Regierungen Russlands und der Ukraine zur Fortsetzung der Gespräche aufgefordert. »Wir sind der Meinung, dass dies der einzige Weg ist, um den aktuellen Konflikt zu lösen«, begrüßte Außenminister Bruno Rodríguez am Montag (Ortszeit) die Aufnahme von Gesprächen an der Grenze zu Belarus per Kurznachrichtendienst Twitter. Havannas Chefdiplomat bekräftigte das Bekenntnis zum humanitären Völkerrecht und rief die Kriegsparteien auf, »die Zivilbevölkerung, ihr Eigentum und die zivile Infrastruktur in der Ukraine zu schützen«.
Das kubanische Außenministerium hatte bereits am Sonnabend auf die Charta der Vereinten Nationen verwiesen, die »die Anwendung oder Androhung von Gewalt gegen jeden Staat« ablehne. »Wir bedauern zutiefst den Verlust von unschuldigen Menschenleben in der Ukraine. Das kubanische Volk hatte und hat weiterhin eine enge Beziehung zum ukrainischen Volk«, hieß es in einem Kommuniqué. Verbunden mit einem Appell an alle Beteiligten erklärte das Ministerium auch, für eine ernsthafte, konstruktive und realistische diplomatische Lösung einzutreten, die die Sicherheit und Souveränität aller sowie den regionalen und internationalen Frieden und die Stabilität gewährleistet. In der Erklärung verweist Havanna ebenso darauf, dass »die expansionistische Haltung der USA und die schrittweise Erweiterung der NATO in Osteuropa zu einem extremen Szenario geführt haben, das hätte vermieden werden können, wenn die von der Regierung der Russischen Föderation gewünschten Sicherheitsgarantien rechtzeitig berücksichtigt worden wären«.
Die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina erinnerte am Montag daran, dass sich Washington und seine Partner in zahlreichen Regionen der Welt »in die inneren Angelegenheiten anderer Nationen einmischen, die sich nicht ihren Herrschaftsinteressen beugen und ihre territoriale Integrität und Unabhängigkeit verteidigen«. Frieden könne nicht dadurch erreicht werden, »dass Staaten eingekreist oder eingekesselt werden«, zitierte die Agentur aus der Erklärung des Außenministeriums und fügte hinzu: »Die Geschichte wird die US-Regierung für die Folgen einer zunehmend offensiven Militärdoktrin außerhalb der NATO-Grenzen zur Rechenschaft ziehen, die den internationalen Frieden, die Sicherheit und die Stabilität gefährdet.« Außerdem kritisierte Kuba die Sanktionen des Westens gegenüber Russland. Diese stellten keine Lösung des Konfliktes dar, sondern verschärften bestehende Probleme nur, hieß es.
Die sozialistische Inselrepublik ist mit Russland durch eine historisch gewachsene enge strategische Partnerschaft verbunden. Während der ehemalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower bereits im Juli 1960, gut ein Jahr nach dem Sieg der Revolutionäre über den kubanischen Diktator Fulgencio Batista, erste Sanktionen gegen das Land verhängt hatte, gewährte die Sowjetunion Kuba einen Kredit von mehr als 100 Millionen US-Dollar und half der Bevölkerung, zu überleben sowie die gerade erstrittene Unabhängigkeit zu verteidigen. Die Verbindung blieb über Jahrzehnte zum gegenseitigen Nutzen bestehen, bis mit dem Ende der Sowjetunion auf Anweisung des Staatschefs Michael Gorbatschow im Dezember 1991 alle Importe und Lieferungen eingestellt wurden.
Nachdem Wladimir Putin im Mai 2000 das erste Mal zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt worden war, verbesserten sich die Beziehungen wieder. Während Washington die seit Jahren nahezu einstimmig beschlossene Forderung der UN-Generalversammlung zur Beendigung der US-Blockade ignoriert, half Russland der Inselrepublik nicht nur mit Erklärungen. Als der ehemalige US-Sonderbeauftragte für Venezuela und Iran, Elliot Abrams, 2019 damit drohte, die USA würden die kubanische Wirtschaft »erdrosseln«, baute Putin die Beziehungen weiter aus.
Als US-Präsident Joseph Biden die Blockade gegenüber Kuba inmitten der die gesamte Menschheit bedrohenden Pandemie weiter verschärfte, lieferte Russland Beatmungsgeräte, Medikamente und medizinische Hilfsgüter. Während Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel und der Präsident der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, vergangene Woche in Havanna zusammentrafen, beschlossen die Abgeordneten des russischen Parlaments, Kuba für die Rückzahlung der Schulden in Höhe von 2,3 Milliarden US-Dollar bis mindestens 2027 einen Aufschub zu gewähren.