Kubas Präsident kündigt Maßnahmenpaket an. Engpässe wegen US-Blockade und Coronakrise
Von Volker Hermsdorf
Die Geschichte Kubas ist die der erfolgreichen Bewältigung von Schwierigkeiten, kommentierte die Zeitung Juventud Rebelde am Dienstag das fünf Tage zuvor vom Ministerrat beschlossene Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft. In der vom Fernsehen übertragenen Ankündigung hatte Präsident Miguel Díaz-Canel zunächst eingeräumt, dass große Versorgungsengpässe bei Nahrungsmitteln, Verbrauchsmaterialien und Rohstoffen existieren. Hauptsächliche Ursache für den Mangel sei die von den USA auch während der Coronapandemie ständig verschärfte Blockade, die Im- und Exporte erschwere, die Aufnahme von Krediten behindere und verhindere, dass eine ausreichende Menge Kraftstoff das Land erreiche.
Nachdem Washington bereits durch die Ausweitung des Reiseverbots für US-Bürger, die Einstellung von Kreuzfahrten und eine starke Reduzierung von Flugverbindungen einen Rückgang der Deviseneinnahmen im kubanischen Tourismus herbeigeführt hatte, gab die Coronakrise der Branche – wie auch in anderen Ländern – den Rest. Während die Handlungsmöglichkeiten des Staates durch den Devisenmangel zunehmend eingeschränkt werden und das Angebot in den Läden ständig abnimmt, leidet die Bevölkerung zusätzlich darunter, dass private Anbieter auf den Märkten die Preise erhöhen und »Revendedores« genannte Spekulanten das Angebot durch massenhaften Aufkauf von zum Teil staatlich subventionierten Waren weiter verknappen und diese dann zu Wucherpreisen weiterverkaufen. Verstärkt wird der Mangel außerdem dadurch, dass nur ein Drittel der Nahrungsmittel im Land produziert und rund 70 Prozent importiert werden. Während kubanische Politiker hausgemachte Probleme einräumen, leugnen die USA und von ihnen bezahlte Contras in Kuba, dass die Blockade ein Hauptgrund für die Engpässe ist. »Wir befinden uns auf einem Schlachtfeld«, erklärte Díaz-Canel.
Mit dem zuvor im Politbüro der KP Kubas diskutierten Maßnahmenpaket soll der Teufelskreis jetzt durchbrochen werden. Das wichtigste Ziel besteht laut Díaz-Canel darin, der Blockade etwas entgegenzusetzen und »das sozialistische Ideal als einzig bekannten Weg zum Wohlstand mit sozialer Gerechtigkeit zu legitimieren«. Denn während die Pandemie den endgültigen Zusammenbruch der neoliberalen Paradigmen beweise, »ist unser Gesundheitssystem nicht zusammengebrochen, und wir haben sogar anderen Ländern helfen können«. Trotzdem müsse die Wirtschaft so verändert werden, dass »sie sich durch Intensität und Innovation auszeichnet«, um dem Volk zu mehr Wohlstand zu verhelfen. Die Umsetzung der Beschlüsse werde sofort beginnen, jedoch schrittweise erfolgen. Insgesamt gebe es dabei sowohl Chancen als auch Risiken, »das größte Risiko wäre aber, nichts zu ändern und die Unterstützung der Bevölkerung zu verlieren«, sagte der Staatschef.
Als eine der ersten Maßnahmen öffneten am Montag landesweit 72 Geschäfte, die ein breites Warensortiment für frei konvertierbare Währungen (US-Dollar, Euro, Franken oder Pfund Sterling) anbieten. Eine bisher erhobene zehnprozentige Gebühr auf Dollar-Transaktionen wurde abgeschafft. Die wichtigsten Grundnahrungsmittel und Produkte des täglichen Bedarfs sollen weiterhin für die beiden Landeswährungen verkauft werden, deren zeitnahe Zusammenführung ebenfalls vorgesehen ist.
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion, die unter anderem durch ausländische Investitionen und bessere Absatzkonditionen für Produzenten erreicht werden soll. Auch soll Kooperativen und privaten Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt werden, über staatliche Außenhandelsbetriebe Im- und Exporte auf eigene Rechnung zu tätigen. Über Details des umfangreichen Maßnahmenkatalogs und dessen Umsetzung berichtet Granma Internacional laufend im Internet (http://de.granma.cu/) und in der im Verlag 8. Mai erscheinenden Printausgabe auch in deutscher Sprache.